Ein Gesellschafter kann die ganze Gemeinschaftspraxis infizieren
Mai 10, 2022

Wenn die Gewerbesteuerfalle zuschnappt

Ärzte und Zahnärzte genießen als Freiberufler besondere steuerliche Privilegien. Sie sind nicht bilanzierungs-pflichtig und unterliegen auch nicht der Gewerbebesteuerung. Doch diese Vorteile sind an Bedingungen geknüpft.

 

Freiberuflich tätig ist nur, wer leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Eine leitende Tätigkeit umfasst dabei die:


  • Organisation des Sach- und Personalbereichs
  • Arbeitsplanung
  • Arbeitsverteilung
  • Aufsicht über Mitarbeiter und deren Anleitung sowie
  • die stichprobenweise Überprüfung der Ergebnisse.


Zudem darf keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt werden. Dafür ist bereits der Verkauf von Gesundheitsprodukten z. B. Zahnpflegeartikeln und Nahrungsergänzungspräparaten oder von Büchern ausreichend, denn das gehört nicht zur freiberuflichen Tätigkeit. Vielmehr handelt es sich hierbei um einen Gewerbebetrieb.

 

Beschäftigt ein Praxisinhaber einen Arzt oder einen anderen qualifizierten Mitarbeiter bei sich, den er weder anleitet noch überwacht, wird die Tätigkeit ebenfalls nicht mehr als freiberuflich, sondern als gewerblich beurteilt.

Bagatellgrenzen können gewerbliche Infizierung vermeiden

Die gewerbliche Tätigkeit einer Personengesellschaft führt grundsätzlich zu einer Umqualifizierung der gesamten freiberuflichen Einkünfte der Gesellschaft in gewerbliche Einkünfte. Allerdings gibt es Bagatellgrenzen, die diese gewerbliche Infektion vermeiden. Nur wenn die gewerblichen Umsätze 3 % der Nettoumsätze der Gesellschaft und die betragsmäßige Bagatellgrenze von 24.500 Euro der Nettoumsätze überschreiten, wird der Praxisgewinn umqualifiziert.

 

Überschreitet dieser umqualifizierte gewerbliche Gesamtgewinn der Gesellschaft den gewerbesteuerlichen Freibetrag von 24.500 Euro, entsteht Gewerbesteuer, die abhängig vom Hebesatz der Gemeinde zwischen 8,75 und 20,3 % (bzw. im bundesweiten Durchschnitt bei etwas über 15 %) liegt. Die Gewerbesteuer ist zwar mitunter vollständig auf die Einkommensteuer anrechenbar. In vielen Fällen ergibt sich dadurch aber eine Zusatzbelastung, insbesondere, wenn der Gewerbesteuer-Hebesatz über dem bundesweiten Durchschnitt liegt. Außerdem kann dies zur Bilanzierungspflicht führen, wenn der jährliche Gewinn mehr als 60.000 Euro beträgt.

Jeder Gesellschafter muss freiberuflich tätig sein

Die gewerbliche Tätigkeit einer Personengesellschaft führt grundsätzlich zu einer Umqualifizierung der gesamten freiberuflichen Einkünfte der Gesellschaft in gewerbliche Einkünfte. Allerdings gibt es Bagatellgrenzen, die diese gewerbliche Infektion vermeiden. Nur wenn die gewerblichen Umsätze 3 % der Nettoumsätze der Gesellschaft und die betragsmäßige Bagatellgrenze von 24.500 Euro der Nettoumsätze überschreiten, wird der Praxisgewinn umqualifiziert.

 

Überschreitet dieser umqualifizierte gewerbliche Gesamtgewinn der Gesellschaft den gewerbesteuerlichen Freibetrag von 24.500 Euro, entsteht Gewerbesteuer, die abhängig vom Hebesatz der Gemeinde zwischen 8,75 und 20,3 % (bzw. im bundesweiten Durchschnitt bei etwas über 15 %) liegt. Die Gewerbesteuer ist zwar mitunter vollständig auf die Einkommensteuer anrechenbar. In vielen Fällen ergibt sich dadurch aber eine Zusatzbelastung, insbesondere, wenn der Gewerbesteuer-Hebesatz über dem bundesweiten Durchschnitt liegt. Außerdem kann dies zur Bilanzierungspflicht führen, wenn der jährliche Gewinn mehr als 60.000 Euro beträgt.

"Alles außerhalb der Mundhöhle"

So entschied kürzlich das Finanzgericht Rheinland-Pfalz, dass der gesamte Praxisgewinn einer zahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) gewerblich infiziert sei, weil ein Gesellschafter der BAG (Zahnarzt) die Organisations-, Verwaltungs- und Management-Aufgaben übernommen hatte. Der Zahnarzt hatte weder feste Behandlungstage noch war gewährleistet, dass er im Rahmen seiner unregelmäßigen Praxistätigkeiten (einmal pro Woche) überhaupt systematisch in die Patientenbehandlung eingebunden war und Patienten in der Praxis beriet. Er trug nur mit 0,28 Promille zum Umsatz der Partnerschaftsgesellschaft bei. Damit wurden die beiden Bagatellgrenzen zwar unstrittig nicht überschritten. Doch das war für die Finanzrichter nicht entscheidend.


Sie urteilten: Ein Zahnarzt, der nichtleitend und eigenverantwortlich tätig wird und nahezu keinerlei zahnärztliche Beratungs- oder Behandlungsleistungen unmittelbar gegenüber Patienten erbringt, erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Das hatte schwerwiegende Konsequenzen für die gesamte BAG und die übrigen Gesellschafter. Die Beteiligung eines gewerblichen Mitunternehmers führt dazu, dass die gesamten Einkünfte der BAG infiziert und in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert werden. Auf die Einhaltung der Bagatellgrenzen kommt es dann nicht mehr an.

von ETL 17 Jan., 2024
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Besteuerung einer aufgeschobenen Altersrente
08 Nov., 2023
Möchten Sie negative Kapitaleinkünfte mit positiven Kapitaleinkünften verrechnen, die bei einem anderen Geldinstitut angefallen sind, geht das nur über die Einkommensteuererklärung. Dafür brauchen Sie eine sogenannte Verlustbescheinigung Ihrer Bank, die Sie bis spätestens 15. Dezember des Jahres bei der Bank beantragen müssen. Nur wenn der Antrag rechtzeitig bei der Bank vorliegt, erstellt diese neben einer Steuerbescheinigung auch eine separate Verlustbescheinigung über die angefallenen Verluste. Um die Verrechnung von Gewinnen und Verlusten von Anlagen bei verschiedenen Banken zu erreichen, füllen Sie die Zeilen 12 und 13 der Anlage KAP aus. Gleichzeitig setzt die Bank den Verlustverrechnungstopf auf null zurück, damit es nicht zu einer doppelten Verlustberücksichtigung kommen kann. Ein Verlustvortrag in die Zukunft entfällt. Kapitalanlage: Verlustverrechnung bei Ehepaaren Eine Verlustbescheinigung müssen auch Ehepaare beantragen, die bei verschiedenen Banken Kapitalanlagen haben und daraus sowohl Gewinne als auch Verluste erzielen. Auch in diesen Fällen führt das Finanzamt nur dann eine Verlustverrechnung durch, wenn eine Verlustbescheinigung vorliegt. Ehegatten, die bei derselben Bank Gewinne und Verluste erzielt haben, müssen nicht unbedingt eine Verlustbescheinigung beantragen. Es reicht aus, wenn Sie bis spätestens 31.12.2023 einen gemeinsamen Freistellungsauftrag erteilten – selbst wenn er nur über null Euro ist. Hinweis: Aktienverluste nur mit Aktiengewinnen verrechenbar: verfassungswidrig? Verluste aus dem Verkauf von Aktien können nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien verrechnet werden – und nicht mit den Gewinnen aus anderem Kapitalvermögen. Das hält der Bundesfinanzhof (BFH) für verfassungswidrig. Jetzt muss das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entscheiden. Ein auch für Kleinaktionäre wichtiges Thema!
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Warum mehr Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge zahlen als unbedingt erforderlich?
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Sparer freuen sich schon, wenn sie für ihre Kapitaleinlagen keine Negativzinsen zahlen müssen. Ein Zinssatz von 6 % pro Jahr – seit Jahren ein unerfüllbarer Traum, mit einer Ausnahme. Der steuerliche Zinssatz betrug immer noch 0,5 % pro Monat und wurde trotz vielfältiger Klagen immer wieder als (noch) verfassungskonform angesehen. Doch damit ist jetzt Schluss. Denn das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erklärte die hohen Steuerzinsen von 6 % (12 x 0,5 %) pro Jahr für verfassungswidrig und das rückwirkend ab 2014. Die Freude all derer, die in den vergangenen Jahren hohe Nachzahlungszinsen zahlen mussten, wird allerdings von den Verfassungsrichtern gedämpft. Für Zinszeiträume vor dem 1. Januar 2019 müssen die Finanzämter nichts korrigieren, trotz der Verfassungswidrigkeit. Verzinst werden dabei nicht nur Steuerzahlungen, sondern auch Steuererstattungen. Der Zinslauf beginnt regulär 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, für das die Steuer festgesetzt wird.  Das heißt: Für die Einkommensteuererklärung 2012 wurden ab dem 1. April 2014 monatlich 0,5 % Zinsen auf den Steuernachforderungsbetrag fällig. Diese sind zwar nach dem aktuellen Urteil des BVerfG verfassungswidrig, sie werden aber nicht erstattet. Anders sieht es aus, wenn es im Ergebnis einer aktuellen Betriebsprüfung zu einer Steuernachzahlung kommt, die zu verzinsen ist. Beispiel: Im Rahmen einer Außenprüfung für das Jahr 2016 kommt es zu einer Nachzahlung von 50.000 €. Der geänderte Bescheid wurde am 1. Juli 2021 bekannt gegeben, der ursprüngliche Bescheid am 20. Dezember 2017. Zinsfestsetzung nach bisherigem Recht: Der Zinslauf begann am 1. April 2018 und endete am 1. Juli 2021. Das entspricht 39 vollen Zinsmonaten: 9 Zinsmonate in 2018 12 Zinsmonate in 2019 12 Zinsmonate in 2020 6 Zinsmonate in 2021 Nach bisherigem Recht ist die Steuernachzahlung mit 19,5 % (39 Monate x 0,5 %) zu verzinsen, d. h. er werden 9.750 € Zinsen festgesetzt, die zusätzlich zu den 50.000 € Steuernachzahlung anfallen. Zinsfestsetzung nach dem Beschluss des BVerfG: Die gesamte Zinsfestsetzung ist verfassungswidrig. Allerdings entfallen die ersten 9 vollen Monate auf Verzinsungszeiträume vor dem 1. Januar 2019. Diese Zinsen dürfen vom Finanzamt weiterhin festgesetzt werden. Die Steuernachzahlung kann insoweit uneingeschränkt mit 4,5 % (9 Monate x 0,5 %) verzinst werden. Es dürfen also 2.250 € Zinsen festgesetzt werden, die auch zu zahlen sind. Nach aktueller Rechtslage kann das Finanzamt jedoch auch die Zinsen für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 mit 0,5 % pro Monat festsetzen. Die Steuernachzahlung wird dann zusätzlich mit 15 % (30 Monate x 0,5 %) verzinst, dies bedeutet eine weitere Zinsfestsetzung in Höhe von 7.500 €. Allerdings muss diese Zinsfestsetzung für die Zinsmonate ab dem 1. Januar 2019 noch einmal korrigiert werden, sobald der Gesetzgeber eine verfassungskonforme Regelung getroffen hat. Rückwirkende Korrektur für nicht bestandskräftige Bescheide Das BVerfG hat den Gesetzgeber aufgefordert, bis Ende Juli 2022 eine verfassungskonforme Neuregelung auf den Weg zu bringen, die dann auch rückwirkend für alle noch nicht bestandskräftigen Bescheide über Verzinsungszeiträume ab 1. Januar 2019 gelten soll. Wie hoch der Zinssatz dann sein wird, kann aktuell nur spekuliert werden. Hessen hatte bereits 2018 einen Gesetzesantrag gestellt, der darauf abzielte, den Steuerzins auf 3 % zu halbieren. Ob der Gesetzgeber sich daran orientiert, bleibt abzuwarten. Unternehmer, aber auch nichtunternehmerisch tätige Steuerpflichtige können von der Entscheidung des BVerfG profitieren, wenn sie gegen Zinsbescheide über Verzinsungszeiträume ab 1. Januar 2019 entweder Einspruch eingelegt haben oder der Steuerbescheid hinsichtlich der Verzinsung vorläufig ergangen ist. Tipp: Da der Gesetzgeber für eine Neuregelung der Zinsen vermutlich einige Zeit brauchen wird, werden Zinsbescheide voraussichtlich weiterhin die – nunmehr verfassungswidrige – Verzinsung enthalten. Daher sollten Sie bei allen Bescheiden über Nachzahlungszinsen, die ab dem 1. Januar 2019 festgesetzt werden, auf den Vorläufigkeitsvermerk achten. Fehlt dieser, muss zwingend Einspruch eingelegt werden, um den Bescheid offen zu halten. Das gilt insbesondere für Zinsbescheide zur Gewerbesteuer, da diese in der Regel keinen Vorläufigkeitsvermerk enthalten. Wird der Bescheid bestandskräftig, werden auch die verfassungswidrig festgesetzten Zinsen bestandskräftig. Eine rückwirkende Korrektur ist dann trotz des Urteils des BVerfG nicht mehr möglich. Anders sieht es bei Bescheiden über Erstattungszinsen aus. Wenn diese einen Vorläufigkeitsvermerk enthalten, sollten Sie sich darauf einstellen, dass ein Teil der Erstattungszinsen an das Finanzamt zurückgezahlt werden muss. Fehlt der Vorläufigkeitsvermerk, sollte nichts getan werden, denn wenn solche Zinsbescheide bestandskräftig werden, kann das Finanzamt die Erstattungszinsen nicht mehr zurückfordern.
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